Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler! Ungenauigkeit, Zeitdruck und fehlendes Fachwissen können etwa die Gründe sein, warum Werkunternehmer die vertraglich geschuldete Leistung mangelhaft erbringen. Dem Werkbesteller, also dem Auftraggeber der Leistung, stehen in diesem Fall Gewährleistungsansprüche zu. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte in diesem Zusammenhang jüngst einen bemerkenswerten Fall (1 Ob 105/19a) zu entscheiden und kam zum Ergebnis, dass die vom Werkunternehmer an den geschädigten Auftraggeber als Vorschuss geleisteten Mängelbehebungskosten unter Umständen wieder zurückgefordert werden können.
Dem der obigen Entscheidung vorangegangenen Vorprozess lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Werkunternehmer mit der Herstellung eines Estrichs samt Beschichtung beauftragt wurde. Diese Arbeiten wurden vom Werkunternehmer jedoch mangelhaft erbracht, weshalb der Auftraggeber im Vorprozess die Mängelbehebungskosten in Form eines Vorschusses zugesprochen erhielt.
In der Folge hat der Auftraggeber die Mängelbehebung aber weder durchgeführt, noch beabsichtigte er, diese zukünftig durchführen zu lassen. Aus diesem Grund begehrte der Werkunternehmer nun die Rückzahlung der aufgrund des Vorprozesses geleisteten Mängelbehebungskosten. Der Auftraggeber vertrat demgegenüber die Rechtsauffassung, dass ihm als geschädigten Auftraggeber auch ein Anspruch auf die „fiktiven Reparaturkosten“ zukomme, ganz gleichgültig, ob er die Reparatur durchführen lasse oder nicht.
Der OGH verwarf den Einwand des Auftraggebers. Begehrt der Auftraggeber für eine noch nicht durchgeführte Reparatur einer mangelhaften Leistung einen Vorschuss für die Kosten der Mängelbehebung, so stehen dem Auftraggeber die über die objektive Wertminderung hinausgehenden Mängelbehebungskosten nur dann zu, wenn der Auftraggeber beweist, dass er die Behebung auch tatsächlich beabsichtigt. Der Auftraggeber ist nämlich nicht verpflichtet, eigenes Kapital für die Mängelbehebung aufzuwenden und damit im Rahmen der Mängelbehebung in Vorlage zu treten. Ist der Auftraggeber allerdings an einer Mängelbehebung gar nicht interessiert oder gelingt ihm der Beweis, dass er eine Behebung der Mängel auch tatsächlich anstrebt, nicht, ist der vom Werkunternehmer zu leistende Ersatz auf die bloße objektive Wertminderung begrenzt.
Im der obigen Entscheidung vorangegangenen Vorprozess konnte der Auftraggeber seine Reparaturabsicht zwar zunächst glaubhaft machen. Im gegenständlichen Prozess gestand der Auftraggeber jedoch zu, dass er tatsächlich keine Mängelbehebung mehr vornehmen werde. Mit diesem Zugeständnis ist der Rechtsgrund, für die Bezahlung eines Vorschusses auf die Mängelbebungskosten weggefallen. Der OGH hat daher den Auftraggeber letztlich zur Rückzahlung des Vorschusses, sofern dieser die objektive Wertminderung der mangelhaften Leistung übersteigt (Vergleich mangelfreies Werk – mangelhaftes Werk), verpflichtet.
Der OGH begründete seine Rechtsansicht auch mit der Ausgleichsfunktion des Schadenersatzrechts. Würden dem Auftraggeber trotz Reparaturverweigerung die Mängelbehebungskosten weiterhin zustehen, würde dies zum Ergebnis führen, dass der Auftraggeber einen Vorteil aus der mangelhaft erbrachten Leistung zieht, was dem Ausgleichsgedanken des Schadenersatzrechtes klar zuwiderläuft.
Schlussfolgerung
Hat der geschädigte Auftraggeber von vornherein kein Interesse an einer tatsächlichen Mängelbehebung, so empfiehlt es sich, nur den Ersatz der objektiven Wertminderung vom Werkunternehmer zu fordern. Hat der geschädigte Auftraggeber noch keine endgültige Entscheidung getroffen, ob er die mangelhafte Leistung beheben will oder nicht, so sollen im Zweifel die Kosten der Mängelbehebung vorschussweise vom Werkunternehmer geltend gemacht werden. Trifft der Werkbesteller hinterher den Entschluss, eine Mängelbehebung nicht durchführen zu wollen, soll – zur Vermeidung unnötiger Prozesskosten – jener Betrag, der über die objektive Wertminderung in Form eines Vorschusses für die Mängelbehebung gewährt wurde, zurückgezahlt werden. Wird dies vom Auftraggeber verweigert, kann der Werkunternehmer seinen Anspruch gerichtlich geltend machen; eine Verjährung dieses Anspruchs tritt erst nach 30 Jahren ein.