Die am 05.06.2018 beschlossene Novelle zum Arbeitszeitgesetz ist am 01.09.2018 in Kraft getreten und bringt wesentliche Neuerungen im Arbeitszeitrecht mit sich. Unter anderem wird die gesetzliche Höchstarbeitszeit generell auf 12 Stunden angehoben.
Für wen gilt das Arbeitszeitgesetz?
Das Arbeitszeitgesetz gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer und Lehrlinge, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Leitende Angestellte und sonstige Arbeitnehmer mit maßgeblichen selbstständigen Entscheidungsbefugnissen sind vom Arbeitszeitgesetz in der Regel ausgeschlossen.
Die gesetzliche Normalarbeitszeit
Die Gesetzesnovellierung lässt die bestehenden Regelungen zur Normalarbeitszeit unberührt. Die gesetzliche Normalarbeitszeit beträgt nach wie vor 8 Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche. Auch an jenen kollektivvertraglichen Regelungen, die eine kürzere gesetzliche Normalarbeitszeit von lediglich 38,5 Stunden pro Woche vorsehen, hat sich nichts geändert. Mit jeder Überschreitung dieser Normalarbeitszeit fallen – wie bisher – Überstunden an.
Die Änderung der Höchstarbeitszeit
Arbeitnehmer durften bisher grundsätzlich maximal 10 Stunden am Tag und 50 Stunden in der Woche arbeiten. Diese maximal zulässige Höchstarbeitszeit wurde mit 01.09.2018 auf 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche angehoben. Von wenigen Ausnahmen abgesehen darf die gesetzliche Normalarbeitszeit zusammen mit den Überstunden diese Höchstarbeitszeit nicht überschreiten. Weiters darf die Überstundenleistung nicht dazu führen, dass innerhalb eines Durchrechnungszeitraums von 17 Wochen die durchschnittliche Wochenarbeitszeit 48 Stunden übersteigt.
12 Stunden Arbeitstag – Verpflichtung?
Die in Kraft getretene Gesetzesnovellierung sieht keine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden vor. Wie bisher kann der Arbeitgeber Überstunden in der Regel nur dann anordnen, wenn sich diese Möglichkeit aus einer individuellen Vereinbarung, wie zB dem Arbeitsvertrag, dem Kollektivvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergibt. Berücksichtigungswürdige Interessen des Arbeitnehmers (zB Arzttermin mit dem Kind) stehen einer Anordnung entgegen und machen diese unzulässig.
Sind die Überstunden jedoch zulässigerweise angeordnet, gilt eine Sonderregelung für jene Überstunden, mit denen der 10-Stunden-Arbeitstag oder die 50-Stunden-Woche überschritten werden. Der erste Gesetzesentwurf sah für diese Überstunden ein Ablehnungsrecht seitens des Arbeitnehmers nur dann vor, wenn überwiegende persönliche Interessen des Arbeitnehmers vorliegen. Nach der in Kraft getretenen Bestimmung kann der Arbeitnehmer diese Überstunden ohne Angabe von Gründen ablehnen. Dieses Ablehnungsrecht steht auch jenen Arbeitnehmern zu, die sich zur unbegrenzten Leistung von Überstunden verpflichtet haben.
Gleichzeitig hat der Gesetzgeber rechtlich sichergestellt, dass ein Arbeitnehmer aufgrund der Ausübung des Ablehnungsrechts nicht benachteiligt werden darf. Eine Benachteiligung wäre etwa die Senkung des Entgelts, die Erschwerung oder Verhinderung von beruflichen Aufstiegen oder eine Versetzung. Dem Arbeitnehmer steht neben dem allgemeinen Kündigungsschutz auch der spezielle Kündigungsschutz des Arbeitszeitgesetzes zu. Der Arbeitnehmer muss demnach aber zumindest glaubhaft machen, dass er nur deshalb gekündigt wurde, weil er die Überstundenleistung abgelehnt hat. Ob das immer gelingen wird, bleibt fraglich.
Abgeltung von Überstunden für die 11. und 12. Überstunde
Für jene Überstunden, mit denen der 10-Stunden-Arbeitstag oder die 50 Stunden-Woche überschritten werden, wurde eine Sonderregelung geschaffen. Bei diesen Überstunden entscheidet nämlich ausschließlich der Arbeitnehmer, ob er die Überstunden ausbezahlt oder in Form von Zeitausgleich konsumieren möchte.
Gleitzeit
Bisher durfte mit der Gleitzeit die tägliche Normalarbeitszeit von 10 Stunden nicht überschritten werden. Nunmehr kann die tägliche Normalarbeitszeit auf bis zu 12 Stunden am Tag verlängert werden. Die Gleitzeitvereinbarung muss in diesem Fall aber unter anderem die Möglichkeit vorsehen, dass ein Zeitguthaben ganztägig verbraucht werden kann. Die bisher abgeschlossenen Gleitzeitvereinbarungen sind im Regelfall auf bis zu 10 Stunden am Tag ausgelegt, sodass bei Inanspruchnahme der neuen Regelung eine neue Vereinbarung getroffen werden sollte.
Zusammenfassung
Das am 01.09.2018 in Kraft getretene neue Arbeitszeitgesetz lässt die bisherige Regelung betreffend die Normalarbeitszeit unberührt. Jede Überschreitung der Normalarbeitszeit gilt grundsätzlich nach wie vor als Überstunde.
Die Höchstgrenzen der Arbeitszeit wurden auf 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche angehoben. Zur Leistung von Überstunden ist der Arbeitnehmer wie bisher nur bei einer entsprechenden Vereinbarung verpflichtet.
Bei der 11. und 12. Arbeitsstunde am Tag bzw. 51. bis 60. Arbeitsstunde entscheidet ausschließlich der Arbeitnehmer über die Art der Abgeltung (Zeitausgleich oder Entgelt). Der Arbeitnehmer kann zusätzlich die Leistung dieser Überstunden auch ohne Angabe von Gründen ablehnen.
Vom Arbeitsrecht und dieser Gesetzesnovellierung sind Sie, sei es als Arbeitgeber oder als Arbeitnehmer, gleichermaßen betroffen. Wir beraten Sie gerne in Ihren arbeitsrechtlichen Angelegenheiten und vertreten Sie auch in einem allfälligen Gerichtsverfahren.